Warum werden Anis-Schnäpse milchig-trüb, wenn sie mit Wasser verdünnt werden?

Die Beobachtung fasziniert! Mindestens beim ersten Mal staunt jedes Kind, wenn ein klarer Ouzo, Absinth oder Raki nach Zugabe von ebenfalls klarem Wasser zu einer milch-trüben Flüssigkeit wird. Der Beitrag wäre nicht hier in diesem Blog, wenn dieser Effekt nicht mit ätherischen Ölen zusammenhängen würde. Öl und Wasser mögen sich nicht besonders und lassen sich darum auch nicht mischen. Das wissen wir aus anderen Beobachtungen. Alkohol ist da etwas unkomplizierter. Er ist wasserlöslich, aber seine Moleküle haben auch fettliebende Eigenschaften. Öle und insbesondere auch ätherische Anis-Öle (Anethol) lassen sich deshalb – in kleinen Mengen – in reinem Alkohol bzw. in Schnaps lösen, so dass dieser klar bleibt.

Mischt man ein klares Alkohol-Öl-Gemisch mit Wasser, so sammeln sich Wassermoleküle um den Öl-Molekülen und bilden eine Öl-in-Wasser-Emulsion. Diesen Effekt nennt man „Louche-Effekt“. Der Tröpfchendurchmesser ist ungefähr ein Mikrometer. Das Licht wird nun an den Grenzflächen zwischen Wasser und Öltröpfchen gestreut. Darum sieht die Flüssigkeit milch-weiss und trüb aus. Die Trübung ist also nicht chemischer sondern physikalischer Natur (Tyndall Effekt).

Kühlt man Anisschnaps ab, so ist der Louche-Effekt ohne Wasserzugabe zu beobachten. Ebenfalls ist es möglich, eine bereits trübe Wasser-Anisschnaps-Mischung durch Erwärmen wieder klar zu kriegen. Sie ist allerdings nur so lange durchsichtig, bis die Mischung wieder abkühlt.

Obwohl der Louche-Effekt als solcher bereits seit langem bekannt war, hat sich seit 2003 die Bezeichnung Ouzo-Effekt für die spontane Emulsionsbildung in einem Gemisch aus drei Stoffen (z.B. Alkohol, Öl, Wasser) aus nicht-mischbaren und mischbaren Flüssigkeiten ohne Zufuhr von Energie oder grenzflächenaktiven Substanzen in der wissenschaftlichen Welt etabliert.

Literatur:

Stephen A. Vitale, Joseph L. Katz: Liquid Droplet Dispersions Formed by Homogeneous Liquid-Liquid Nucleation: The Ouzo Effect. In: American Chemical Society (Hrsg.): Langmuir. 19, Nr. 10, Mai 2003, S. 4105–4110. online: http://pubs.acs.org/doi/abs/10.1021/la026842o

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