Destille abdichten

Bei meinen ersten Destillierversuchen war ich bemüht, möglichst „traditionelle“ Verfahren anzuwenden. Schliesslich sollten meine Destillate nach traditionellen Verfahren gewonnen werden. Ich habe mich am Verfahren mit Roggenmehlpaste orientiert, wie es von Kai Möller beschrieben wird. Dazu habe ich in einer Schale zu Roggenmehl soviel Wasser gegeben, bis eine gut verstreichbare Masse entstand. Diese habe ich dann bei allen Steckübergängen bei meiner Destille verrieben bzw. möglichst dick aufgetragen. Das hat an sich gar nicht schlecht funktioniert. Wenn mal eine undichte Stelle auftrat, habe ich nochmals Paste aufgetragen und gut war! Ich habe gestaunt, wie leicht sich die Paste nach dem Destillieren entfernen bzw. sich die Destille reinigen liess. Aber richtig glücklich war ich mit diesem Verfahren nicht, denn es gab immer verkrustete Roggenmehltropfen und doch einigen Reinigungsaufwand. Weniger gestört haben mich die klebrigen Finger, an denen die Masse geklebt hat.

So versuchte ich es mit hochwertigem Teflonband, das ich im Baumarkt in der Sanitärabteilung gekauft habe. Dieses wird für die Abdichtung von Verschraubungen und Übergängen verwendet. Es ist zuverlässig beständig bei Kälte (ca. -240° C), Hitze (ca. 260° C), Druck, Chemikalien, Alkohol. Zudem ist es lebensmittelgeeignet und frei von schädlichen Stoffen. Ich wickle das Band in mehreren, wenigen Lagen um die Steckübergänge. Weil Teflonband günstig ist, verwende ich es in der Regel nur einmal. Meine Erfahrung ist absolut positiv: kein Reinigungsaufwand, dichte Übergänge, geringe Kosten, einfache Entfernung.

Wie gesagt, ich habe mein Teflonband im Baumarkt gekauft. Der Lieferant Destillatio hat das Teflonband als 12 Meter-Rolle ebenfalls im Sortiment.

Warum werden Anis-Schnäpse milchig-trüb, wenn sie mit Wasser verdünnt werden?

Die Beobachtung fasziniert! Mindestens beim ersten Mal staunt jedes Kind, wenn ein klarer Ouzo, Absinth oder Raki nach Zugabe von ebenfalls klarem Wasser zu einer milch-trüben Flüssigkeit wird. Der Beitrag wäre nicht hier in diesem Blog, wenn dieser Effekt nicht mit ätherischen Ölen zusammenhängen würde. Öl und Wasser mögen sich nicht besonders und lassen sich darum auch nicht mischen. Das wissen wir aus anderen Beobachtungen. Alkohol ist da etwas unkomplizierter. Er ist wasserlöslich, aber seine Moleküle haben auch fettliebende Eigenschaften. Öle und insbesondere auch ätherische Anis-Öle (Anethol) lassen sich deshalb – in kleinen Mengen – in reinem Alkohol bzw. in Schnaps lösen, so dass dieser klar bleibt.

Mischt man ein klares Alkohol-Öl-Gemisch mit Wasser, so sammeln sich Wassermoleküle um den Öl-Molekülen und bilden eine Öl-in-Wasser-Emulsion. Diesen Effekt nennt man „Louche-Effekt“. Der Tröpfchendurchmesser ist ungefähr ein Mikrometer. Das Licht wird nun an den Grenzflächen zwischen Wasser und Öltröpfchen gestreut. Darum sieht die Flüssigkeit milch-weiss und trüb aus. Die Trübung ist also nicht chemischer sondern physikalischer Natur (Tyndall Effekt).

Kühlt man Anisschnaps ab, so ist der Louche-Effekt ohne Wasserzugabe zu beobachten. Ebenfalls ist es möglich, eine bereits trübe Wasser-Anisschnaps-Mischung durch Erwärmen wieder klar zu kriegen. Sie ist allerdings nur so lange durchsichtig, bis die Mischung wieder abkühlt.

Obwohl der Louche-Effekt als solcher bereits seit langem bekannt war, hat sich seit 2003 die Bezeichnung Ouzo-Effekt für die spontane Emulsionsbildung in einem Gemisch aus drei Stoffen (z.B. Alkohol, Öl, Wasser) aus nicht-mischbaren und mischbaren Flüssigkeiten ohne Zufuhr von Energie oder grenzflächenaktiven Substanzen in der wissenschaftlichen Welt etabliert.

Literatur:

Stephen A. Vitale, Joseph L. Katz: Liquid Droplet Dispersions Formed by Homogeneous Liquid-Liquid Nucleation: The Ouzo Effect. In: American Chemical Society (Hrsg.): Langmuir. 19, Nr. 10, Mai 2003, S. 4105–4110. online: http://pubs.acs.org/doi/abs/10.1021/la026842o

Und gleich nochmals: Wenn die Grundreinigung ins Auge geht…

MrBonZai beschreibt am 20.06.2005, wie es ist, wenn die Grundreinigung nicht wie geplant funktioniert. Bei ihm ist allerdings etwas mehr Schaden entstanden:

Hier mal ein kleiner Bericht über den „Versuch“, meine Destille zu reinigen:

Am Samstag abend dachte ich mir, so schnell noch kurz die Destille reinigen… kurzerhand Wasser in den Kessel gefüllt und auf die Herdplatte… nachdem das Wasser gekocht hatte, habe ich das Roggenmehl dazugegeben und mit dem Holzlöffel rumgerührt (wie in der Beschreibung angegeben)…

Dann noch den Hut auf die Destille gesetzt und das Kühlsystem angeschlossen… die „Zwischenteile“ noch kurz mit Roggenmehl-Abdichtung verkleistert…

Nach einiger Zeit tat sich gar nix… ich hab mich ein wenig gewundert… da kam einfach nix…
hmmm…. vielleicht ein wenig die Temperatur erhöhen…
Ok… gemacht… dann ging es irgenwann los… es kamen 2-3 „spritzer“ aus dem Kühlsystem und dann war Sense… dann habe ich plötzlich gesehen, dass die Abdichtung nicht hebt… ui ui… und kurz danach… bafff… den Hut hats quer durch die Küche geschleudert… ein Teil von der Suppe mir direkt ins Gesicht und die Küche sah aus… mein Gott… überall klebte diese Roggenmehlpampe… und die ist so schön schmierig, dass man die richtig gut wegbekommt…

Die Roggenmehlsuppe ist auch richtig toll im Kessel angebrannt… na Prima…
ich habe ewig gebraucht, um das wieder „ohne“ scharfen Gegenstand herauszubekommen…

Nach ca. 2 Stunden Putzarbeit war ich dann ziemlich gerichtet…
Ein Blick in den Spiegel verriet mir, dass dieser kleine Spritzer eine ziemliche Verbrennung hinterlassen hatte… die Haut löst sich langsam…

Also lange Rede kurzer Sinn… Ich hab keine Ahnung, was jetzt wirklich schiefgelaufen ist… hat die Suppe den „Kühler“ verstopft so dass nichts ablaufen konnte? Habe ich zu heiss gemacht? Was war passiert?

Ich möchte jedenfalls eine grosse Vorsicht aussprechen, wer seine Destille so reinigen will… dies betrifft wohl hauptsächlich die Destillen mit Roggenmehlabdichtung.

Bis ich meine Destille wieder verwenden werde, muss ich wohl 2-3 Durchläufe mit reinem Alkohol oder Wasser vornehmen…

Quelle:
http://www.absinthe-forum.de/index.php?page=Thread&threadID=1128&pageNo=1&s=a163f7716c35ff042cbafcedda2491d370b7b420

Grundreinigung –> aber nicht so!

Bevor ich mit meiner neuen Destille das erste Mal Öl destillieren wollte, führte ich eine Grundreinigung mit Roggenmehl durch. Anorganische Rückstände (z.B. Fluss- und Reinigungsmittelresten, Kupfersulfat) sollen so entfernt werden. Das schlägt mindestens der Lieferant Destillatio in einem ausführlichen Artikel bzw. in einer Anleitung vor. Ich habe meine Kolonnenbrennerei 3-L nach diesem Verfahren erfolgreich grundgereinigt und wollte darum auch bei meiner Alquitara 3-Liter so vorgehen.

Ich kann nun nach eigener Erfahrung von diesem Verfahren dringend abraten. Hier mein Eintrag aus meinem Notizbuch vom 18.12.2016:
Ich ging nach Anleitung von Destillatio vor, verwendete allerdings weniger Roggenmehl als vorgesehen (400 g statt 500 g). Die „Roggenmehlsuppe“ erschien mir aber schon von Beginn weg zu dick und zu trocken. Ich habe die Anlage während ca. 45 Minuten mit nicht voller Hitze (Heizplatte 7 von 9) geheizt und ca. 1.5 dl Destillat destilliert. Weil das Destillat und es auch in der Luft verbrannt roch, brach ich den Prozess sofort ab. Nach dem Abkühlen war der Kessel an einer Stelle der Naht undicht und kaputt. Das Roggenmehl im Kessel war angebrannt.

Mein Fazit: Die Destillation von einer dicken Roggenmehlsuppe führte trotz reduzierter Hitze vermutlich zu einem Hitzestau und liess die Dichtungen des genieteten Kessels schmelzen.

Und was sagt der Lieferant Destillatio?
Destillatio hat mir den Kessel sofort und anstandslos ersetzt. Beim Telefongespräch wurde mir mitgeteilt, dass auch Destillatio die Roggenmehl-Grundreinigung nicht mehr empfiehlt. Bei den neuen Destillen sei dieses Verfahren nicht mehr nötig. Eine gründliche konventionelle Reinigung würde vollends reichen. Die Empfehlung kam etwas zu spät. Aber durch den zuvorkommenden und unkomplizierten Service bleibe ich Destillatio treu!

Das Rezept für die Grundreinigung mit Roggenmehl:

  1. ca. 2.3 Liter Wasser zum Kochen bringen
  2. Wenn das Wasser kocht, die Hitze zurückstellen.
  3. ca. 500 Gramm Roggenmehl in den Kessel geben und mit einer Holzkelle umrühren.
  4. Mit leichtem Druck die ganze Destille zusammenstecken.
  5. Den Kühlkessel mit Wasser füllen. Es braucht kein Fliesswassersystem.
  6. Mit Roggenmehl und Wasser eine dicke Paste anrühren.
  7. Mit dieser Paste alle Steckverbindungen abdichten.
  8. Das Wasser bei normaler Hitze brodeln lassen, bis die meiste Flüssigkeit abdestilliert wurde.
  9. Achtung! Die Roggenmischung darf nicht anbrennen!
  10. Die Anlage abkühlen und mit Wasser sorgfältig reinigen.
  11. Den Destilliervorgang mit Wasser und ohne Kühlung wiederholen.

Die Neue ist da!

Das Warten hat ein Ende!

Meine neue Destille ist endlich da: Alquitara „Plus“ 3 Liter

Bis ich sie testen kann, muss ich allerdings noch Rohstoffe besorgen und die Kühlschläuche und Pumpen kaufen.

Technische Daten:

Alquitara mit Kolonnenkörper und zusätzlichen Liebigkühler

Destille mit 3 Liter Kessel optimiert für ätherische Öle und Hydrolate
Äußerst flexible Destille. Auch zur Alkoholdestillation geeignet.
Kann jeweils auch ohne Kolonnenkörper bzw. Liebigkühler verwendet werden.
Maße: Gewicht = 2,7 kg; Höhe = 60 cm; Ø 20 cm; Breite mit Liebigkühler = 60 cm
Passende Schläuche = 10 x 13 (E-6225) für Kühler und 8 x 11 (E-6218) für den Liebigkühler
Volumen Kolonne ca. 2 Liter; Ø Kesselboden 12,5 cm
Messinggriffe und Messingverschraubung, Hut innen verzinnt

Ist Destillieren in der Schweiz legal?

Ich werde immer wieder gefragt, ob das Destillieren überhaupt legal ist. Ja! Es ist legal! In der Schweiz aber nur das Destillieren zur Gewinnung von ätherischen Ölen und Hydrolaten. Das Brennen von Alkohol durch Destillation ist ohne Konzession verboten. Meine Destille hat einen Blaseninhalt von 3 Litern. Hier das einschlägige Kapitel aus den „Weisungen Brennereien“ der Eidgenössischen Alkoholverwaltung (EAV):

(Kapitel) 8. Kleindestilliergeräte
8.1. Bis maximal 3 Liter Blaseninhalt
Solche Geräte können ohne Bewilligung der EAV im Inland erworben oder in die Schweiz eingeführt werden.
Kleindestilliergeräte dürfen nur fur die Herstellung von ätherischen Ölen oder Kräuteressenzen verwendet werden. Es ist nicht erlaubt, damit Spirituosen zu erzeugen. Wer Kleindestilliergeräte verkauft, ist verpflichtet, auf die gesetzlichen Bestimmungen hinzuweisen.
Auf eine Überprufung beim Käufer oder bei der Käuferin durch die EAV wird verzichtet.
8.2. Mehr als 3 Liter Blaseninhalt
Solche Geräte können mit einer schriftlichen Bewilligung der EAV im Inland erworben oder in die Schweiz eingeführt werden. Diese Apparate dürfen nur für die Herstellung von ätherischen Ölen oder Kräuteressenzen verwendet werden. Es ist nicht erlaubt, damit Spirituosen zu erzeugen.
Destilliergeräte mit mehr als 3 Liter Blaseninhalt werden von der EAV kontrolliert.

Fazit: Mein Destillieren von ätherischen Ölen und Hydrolaten ist legal!

Hydrolat – das „wilde Herz der Pflanzen“

Bei der Dampf- oder Hydro-Destillation macht mir vor allem die Arbeit an der Destille Spass! Sozusagen als Nebeneffekt entstehen bei der Destillation von Pflanzenmaterialien ätherische Öle und als Co-Produkt Hydrolate (Pflanzenwasser, Blütenwasser, aromatische Wasser). Das ätherische Öl schwimmt an der Oberfläche des Destillats und kann abgeschöpft werden. Hydrolat ist demnach Wasser, das einen Anteil an ätherischen Ölen sowie andere aus der Destillation gewonnene und wasserlösliche Pflanzenbestandteile und Stoffe (Artefakte) enthält. Hydrolate vereinen die Heilwirkung von Pflanzen, wie sie für die Kräuterheilkunde und die Aromatherapie genutzt werden. Susanne Fischer-Rizzi bezeichnet die Pflanzenwasser als das „wilde Herz der Pflanze“, eine lebendige Konzentration von Naturstoffen in Wasser gelöst. Nur was die wilden Kräfte der Transformation während der Destillation aushält, was verschiedene Aggregatzustände (fest, flüssig, gasförmig) durchsteht, wird am Ende als Öl oder Hydrolat aus der Destille tropfen. Mit anderen Worten: ätherische Öle und Hydrolate sind  James Bond, Chuck Norris und Lara Croft der pflanzlichen Inhaltsstoffe.

Hydrolate wirken ähnlich wie die entsprechenden ätherischen Öle. Ihre Wirkung ist milder und kann von den unterschiedlichen Inhaltsstoffen abhängig etwas abweichen.

In reiner Form sind Hydrolate wenig stabil und nur wenige Wochen haltbar. Mit Alkohl versetzt ist ihre Haltbarkeit länger. Hydrolate geniessen dadurch gegenüber dem Menschen einen Vorteil.

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Das ätherische Öl schwimmt auf dem Hydrolat.

Literatur: Fischer-Rizzi S. (2014). Das grosse Buch der Pflanzenwässer – Pflegen, heilen, gesund bleiben mit Hydrolaten. Aarau und München: AT Verlag

Der Liebig’sche Kühlapparat ist ein Kuckuckskind

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Justus Freiherr von Liebig (1803-1873) war einer der bedeutendsten Chemiker seiner Zeit. Durch seine Erkenntnisse über die Elementaranalyse gilt er als Begründer – ja sogar „Vater“ – der Organischen Chemie. Er ist unter anderem der Erfinder des Kunstdüngers, der Säuglingsersatznahrung, des Silberspiegels und der Rindersuppe. Höchstverdient, dass ein Laborgerät nach ihm benannt wurde. Nur, es ist das falsche!
Den Liebig’schen Kühlapparat beschrieb Christian Ehrenfried von Weigel (1748-1831) in seiner Dissertation, die er 1771 verteidigte. Das war somit 32 Jahre vor der Geburt von Liebig.
Aber wollte sich Liebig mit falschen Federn schmücken? Nein! Er schrieb den Kühlapparat Johann Friedrich August Göttling (1755-1809) zu, der den Apparat in einem Almanach beschrieb. Dieser seinerseits war korrekt und liess der Beschreibung des Kühlers folgende Worte vorangehen: „Ich hatte sehr oft die Gelegenheit, verschiedene Arbeitshäuser der Pharmaceutiker zu besuchen und fand mit Bewunderung, dass man von der so bequemen und nützlichen Kühlanstalt von Hrn. Prof. Weigel noch gar keinen Gebrauch macht.“
Übrigens, nach Liebig ist doch ein Laborgerät benannt: Liebig’s Kali-Apparat zu organischen Analysen!

Quelle: G. Kahlbaum: Der sogenannte Liebig’sche Kühlapparat. In: Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft 1896, 29, 69–71.

 

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Liebig’s Kahliapparat